Kappadokien
- Bizarre Felsformationen inmitten der Türkei -
Nach mehreren Türkei-Reisen war es immer wieder unser Wunsch, auch mal Kappadokien zu
erleben. Der Bertelsmann-Club in Zusammenarbeit mit HIT-Reisen machte es im September/Oktober 2010 zu einem günstigen Preis möglich. 14 Tage Türkei, davon 1 Woche Badeurlaub, 2 Tage Istanbul und 3
Tage Kappadokien mit Ballonfahrt für sagenhafte 850,00 € p.P.!
Unsere Reisegruppe war ein Glücksfall, alles nette
Menschen. Unser Reiseleiter Akim E. war auch in Ordnung, obwohl wir manchmal etwas mehr Informationen über Land und Leute erwartet hätten. Dafür gab’s aber hin und wieder
ein Gitarren-Solo; als Gitarrist war er in der Türkei bekannt. Schön war sein Vortrag im 2000 Jahre alten Theater von Apendos, wir konnten auf den obersten Rängen des riesigen
Theaters die Klanglaute gut hören.
Bizarre Felsformationen
Kappadokien ist ein Weltwunder der Natur im Herzen
Anatoliens: eine einzigartige Tuffsteinlandschaft mit bizarren Felsgebilden, unterirdischen Städten und Höhlenkirchen. Was vor Millionen von Jahren Vulkanausbrüche in die Wege
leiteten, besuchen heute mehr als eine Million Touristen jährlich.
Die schönsten Tufflandschaften Kappadokiens liegen im
Dreieck Nevsehir – Avanos - Ürgüp. Hier erwartet die Touristen eine Fülle natürlicher Plastiken, einer Märchenwelt gleich, in der nur noch Kobolde und Feen fehlen, um sie
perfekt zu machen. Es gibt nur wenige Gegenden der Welt, die sich schöner durchstreifen lassen. Neben dieser faszinierenden Landschaftsszenerie besitzt die Region auch ein
großes kulturgeschichtliches Erbe aus byzantinischer Zeit – mehr als 1000 Höhlenkirchen, nicht wenige davon mit prachtvollen Fresken ausgemalt. Nur ein Bruchteil davon wurde
bislang zugänglich gemacht.
Diese einmalige Landschaft erlebten wir mit vielen Fotostopps. Gut, dass es mittlerweile
Speicherkarten gibt – man drückt unwillkürlich immer wieder auf den Auslöser.
Unterirdische Städte
Rund 50 unterirdische Städte werden in Kappadokien vermutet, 36 wurden bereits entdeckt
, aber nur die wenigsten sind bislang dem Fremdenverkehr zugänglich gemacht worden. Ein Abstieg in die Unterwelt gehört zum Pflichtprogramm eines Kappadokienbesuchs.
Bereits in der Hethiterzeit vor rund 4000 Jahren, so nimmt man an, entstanden in
Kappadokien die ersten Siedlungen im Untergrund. Infolge der Christenverfolgungen durch die Römer und im Zuge der Arabereinfälle im 7. Jh. wurden sie, als Fluchtstätten der
kappadokischen Christen, über mehrere Stockwerke ausgebaut. Beim geringsten Anzeichen einer Gefahr packten die christlichen Bewohner des Umlands Kind, Kegel und
Proviant und verschwanden – teilweise bis zu sechs Monate – in die Unterwelt. Noch 1838 brachte man sich so vor den ägyptischen Truppen in Sicherheit. Zugänglich waren die
riesigen unterirdischen Städte, in denen meist mehrere tausend Menschen unterkamen, durch gut getarnte Höhleneingänge. Ein ausgeklügeltes Belüftungssystem sorgte für
Frischluft. Es gab Lager für Wein, Öl und Wasser, noch heute sind rußgeschwärzte Küchen zu sehen.
Durch engste Gänge ging’s 8 Etagen unter die Erdoberfläche. Einst war das ein
Zufluchtsort. Die Eingangstore wurden durch runde Steine bei Feindgefahr verschlossen. Wasser war unterirdisch vorhanden.
Der letzte Gang in die tiefste Stelle war extrem niedrig und eng – man hätte Platzangst
bekommen können. Alles überstanden. Geschi war nur in die ersten Kammern mitgegangen und wartete draußen mit anderen Damen.
Höhlenwohnungen im Tuffstein
Kappadokiens Weltkulturerbe ist ein Tal voller
Kirchen und Kapellen. Als man sie schuf, führte der Weg ins Himmelreich durch die Erde. Heute steht man trotz satter Eintrittspreise vor vielen Kircheneingängen zuweilen Schlange.
Die besondere Geologie der Region hat die Entwicklung einer Felsenarchitektur ermöglicht, bei
welcher die Formen von Gebäuden im Negativen – also nicht durch Aufbau, sondern durch Aushöhlung – reproduziert wurden. Im Göreme Open Air Museum handelt es sich dabei insbesondere um
Kirchen und Kapellen – zu besichtigen sind hier einige der schönsten Kappadokiens. Diese waren aber nicht nur Stätten des Gebets und der Meditation, auch
Trauerfeierlichkeiten wurden darin abgehalten. Die zahlreichen Gräber (Steinmulden) in den Kirchen lassen darauf schließen, dass das kappadokische Christentum einen
ausgeprägten Totenkult pflegte. In den Felsen der Umgebung kann man zudem Räumlichkeiten entdecken, die den Mönchen als Scheunen, Ställe für Ziegen und Schafe,
Refektorien und Klosterzellen dienten. Auf dem vulkanischen, fruchtbaren Boden der Umgebung baute man Getreide, Wein und Gemüse an.
Der Eintrittspreis war von der Reiseleitung bezahlt worden. Aber für die Besichtigung der
mit gut erhaltenen Fresken ausgeschmückten „Dunklen Kirche“ mussten wir pro Person noch extra 4 € zahlen. Es hat sich aber gelohnt! Sehr schön erhalten auch die „Kirche mit
Schnalle“, die außerhalb der Anlage gegenüber den Busparkplätzen lag.
Höhepunkt war die Ballonfahrt
Der Besuch Kappadokiens ist mit einer Ballonfahrt verbunden.
Sieben Gesellschaften offerieren in Kappadokien
Ballonfahrten, die meisten von April bis Oktober, ein paar wenige auch ganzjährig, sofern das Wetter mitspielt. Gestartet wird bei Sonnenaufgang – frühmorgens sind die
Windverhältnisse am besten. Die Cracks unter den Piloten schweben mit ihren kleinen Gondeln entlang der Tuffsteintäler, die Dilettanten fahren mit ihren Megagondeln
gen Himmel und plumpsen wieder hinab.
Während der Anfahrt konnten wir schon die ersten Ballone in der Luft sehen, die schon vor
Sonnenaufgang gestartet waren. Die Sonne ging hinter dem über 3.900 m hohen Vulkan Erciyes Dagi auf; ein schönes Schauspiel.
Hinter Göreme war der Startplatz. Viele Ballone
waren in der Luft oder wurden vorbereitet, ein tolles Erlebnis die bunte Ballonwelt inmitten der bizarren Felsen zu beobachten. Die Sonne kam durch und die
bunten Flugkörper leuchteten am blauen Himmel. Einmalig!
Dadurch, dass sich alle Ballonfahrer von gestern und
heute trafen, war viel los. Unser Ballon war noch in der Luft und suchte einen Landeplatz. Wir fuhren mit einem Kleinbus kreuz und quer, um ihn zu erreichen. Dann die Landung und die Gruppe vor
uns stieg aus und wir stiegen ein. Auch die Gasflaschen wurden gewechselt. Dann wurde „Feuer gegeben“ und mit der erwärmten Luft ging der Ballon langsam in die Höhe.
Wir waren übrigens 13 Personen in dem Korb, der Fahrer und jeweils 3 Personen in einem
der 4 Abteile des Korbes.
Der Aufstieg verlief ruhig, manchmal unterbrochen durch einen Feuerstoß. Bald unter,
neben und über uns mehrere Ballone und die schöne bizarre Welt der Gesteinsformationen. Nicht weit weg der Ort Göreme. Wir fuhren entlang eines steilen Abhangs – dann nur
wenige Meter unter uns eine Hochebene. Auch überfuhren wir das Freilichtmuseum Göreme. Und überall rings um uns Heißluftballons und im Hintergrund der Felsen mit dem
Ort Üchisas, wo wir am Vortag gegessen hatten. Wir stiegen bis auf 700 m hoch und konnten im Hintergrund die Töpferstadt Avanos sehen. Nach etwa einer Stunde ging’s
wieder nach unten. Punktgenaue Landung auf dem Anhänger. Aussteigen und dann gab’s die Bilder zu kaufen, die vorher geknipst worden waren. Rückfahrt zum Hotel und wir holten
Geschi ab, die mit anderen im Hotel geblieben war.
Derwische waren „lahm“
Eigentlich sind die tanzenden Derwische im Merlana-Kloster in Konja zu Hause. Doch der
Tourismus macht’s möglich, man verlagert die Attraktion dorthin, wo die Touristen sind – also ins 200 km entfernte Kappadokien. Wir erlebten in einer unterirdischen Höhle, die
künstlich in den weichen Tuffstein gehauen worden war, die sog. Sema-Zeremonie in 7 Teilen.
Sema ist ein Teil des traditionellen Glaubens der „Türkischen Geschichte“. Es entstand und
entwickelte sich durch die Erleuchtung von Hz. Mevlana (1207-1273). Es vertritt die Himmelsfahrt, den Aufstieg der Seele in den Himmel und wieder zurück. Der Flötenspieler
(neyzen), der Trommelspieler (kudüm zen), der „naathan“ und der „ayinhan“ bilden die Musikgruppe „Mutrip“. Diese Musikgruppe spielt und singt während der Sema-Zeremonie
die Werke des Mevlevi Komponisten. Das ist der Mevlevi Gottesdienst. Die Hauptteile des Werkes werden aus einem Gedicht komponiert, wie „Mesnevi“ oder „Divan-i Kebir“. Diese
Musik hat in Anbetracht auf die historische türkische Musik eine ganz wichtige Funktion. Sie ist auch Komposition und aufführende Begleitmusik, die die Eigenschaften der „Sufi
Musik“ Arten auf der ganzen Welt gut bewahrt hat. Gegenüber dem Eingang des Sema Raumes liegt der „Seyh Pelz“. Es wird angenommen, dass zwischen dem Pelz und dem
Eingang eine „Hatt-i Istiva“ (heilige Linie) sich befinde. Diese Linie teilt den Sema Raum in zwei halbe Kreise. Die „Semazen“ gehen ohne auf diese Linie zu treten und ohne sich
umzudrehen auf die andere Seite. Der rote Pelz symbolisiert die höchste spirituelle Position. Seine Farbe stellt die Geburt und die Existenz dar. Der „Mutrip“ (Musik Gruppe)
und die „Semazen“ nehmen, nachdem sie den Seyh Pelz begrüßt haben, Platz und die Zeremonie fängt an. Die Sema besteht aus 7 Teilen. Jeder Teil hat eine andere Bedeutung.
Wenn wir die Sema von der wissenschaftlichen Seite betrachten, sehen wir, dass das Drehen die Grundbedingung ist.
Man versteht die Sema-Zeremonie zunächst nicht – dazu bedarf es intensiver Vorbereitung.
Gleichwohl hat man das Gefühl, etwas Einmaliges zu erleben. Nur, wir hatten aus Syrien tanzende Derwische in Erinnerung, die bis zur Ekstase tanzten. Die türkischen Derwische waren dagegen etwas lahm.
Resümée
3 Tage Kappadokien, das ist zu wenig für eine einzigartige Kulturlandschaft in einer
besonderen geologischen Umgebung. Aber – der Anfang ist gemacht und wir werden nochmals mit einem Pkw wieder kommen und bringen dann mehr Zeit mit.
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