Türkei im Winter 2008
- Fast wären wir eingeschneit -
Als wir aus der Türkei von unserem 8tägigen Kurzurlaub Mitte Februar zurück
kamen, gab es Berichte in den Medien, dass es in den Bergen (Zentraltürkei/Anatolien) Tote durch Schnee gegeben hätte. Wir selbst waren noch zu Beginn des Schneefalls mit einem Leihwagen
im Taurus-Gebirge gewesen, ohne Schneeketten. Die Polizei stoppte unsere Weiterfahrt.
Eigentlich fährt man ja nicht im Winter in die Türkei, aber wenn man eine solche
Reise vom Bertelsmann Club fast geschenkt bekommt, da sagt man nicht Nein. Für etwa 250 € hatten Geschi und ich eine wunderschöne Woche – und zu Hause kostet das Leben ja auch
Geld.
Es war unsere 4. Reise in die Türkei und die 3. mit Bertelsmann.
Politik
Allerdings hatten wir im Vorfeld gewisse Zweifel, in die
Türkei zu fahren. Einmal hatte man in Antalya den 17jähringen Marco aus Uelzen wegen angeblicher sexueller Belästigung einer 13jähringen Engländerin
unnötig lange im Gefängnis festgehalten. Hinzu kam eine Rede des türkischen Ministerpräsidenten Erdogan Anfang Februar in der Köln-Arena zu seinen
Landsleuten, wo er diese ermunterte, sich in Deutschland nicht zu integrieren. Ein weiteres Problem war die Auseinandersetzung mit den kurdischen
Rebellen, die wiederum Attentate auch in den Urlaubsregionen planten und auch durchführten. Hinzu kamen Auseinandersetzungen und böswillige Unterstellungen wegen eines Hausbrandes in
Ludwigshafen, bei dem 9 türkische Mitbewohner ums Leben kamen. Von der türkischen Presse wurde hier Brandstiftung unterstellt.
Eigentlich alles Gründe, um nicht in die Türkei zu fahren! Wir fuhren trotzdem und
waren nicht enttäuscht. Die Leute in der Türkei haben uns freundlich aufgenommen. Wir haben uns sicher gefühlt. Wir hatten den Eindruck, gern gesehene Gäste in der Türkei gewesen zu sein.
Antalya
Die türkische Riviera, insbesondere die großen Städte Alanya und Antalya, haben
riesige Hotelburgen. Im Sommer ist alles gefüllt mit sonnenhungrigen Urlaubern. Im Winter sieht die ganze Riviera eigentlich trostlos aus – gäbe es nicht Billigangebote,
vom türkischen Staat unterstützt, auch in dieser Zeit die Hotels zu füllen. Das Hotel
Riva Donna Exclusive, etwa 40 km östlich von Antalya war ein 5-Sterne-Hotel mit allem Komfort. Allerdings
konnten wir den Swimming pool sowie die riesigen Rutschen und das komplette Entertainment in der Winterzeit nicht nutzen. Es war aber ein Hallenbad
vorhanden, in dem man morgens ab 8.00 Uhr baden konnte. Auch gab es Sauna und türkisches Bad sowie die Möglichkeit, natürlich gegen entsprechendes Entgelt
, sich massieren zu lassen oder sonstige wohltuende Behandlungen am Körper vorzunehmen. Abends konnte getanzt werden. Das Frühstücksbuffet und das
Abendessen, im Reisepreis inbegriffen, waren hervorragend. Die Zimmer einschließlich Service waren hervorragend. Was will man eigentlich bei einem solchen
Reisepreis noch mehr verlangen? Wir haben uns jedenfalls sauwohl gefühlt.
Busfahrten
Im Reisepreis inbegriffen waren Busfahrten, zunächst machten wir eine sog.
„Orientierungsfahrt“ am 2. Tag in die nähere Umgebung und haben uns dabei ein Dorf in den Bergen angeschaut, in dem nach alter Art und Sitte Brot gebacken wurde. Es
schmeckte ganz vorzüglich. Wir durften auch hemmungslos fotografieren, die Dorffrauen machten da mit. Sicher war alles mit dem Reiseleiter abgesprochen – aber
das hat uns nichts ausgemacht. Auch die Kinder und die anderen Frauen im Dorf waren sehr freundlich zu uns und ließen sich ebenfalls fotografieren. Es wurden auch
selbst gemachte handwerkliche Sachen angeboten, Geschi kaufte ein mit Löchern verziertes Straußenei.
Die Fahrt ging weiter zu dem antiken Theater von Aspandos sowie zu einem gut
erhaltenen Aquädukt aus der römischen Zeit.
Unser Reiseleiter war ein junger Türke, geboren in Frankfurt – aber seit 17 Jahren
schon wieder in Ankara bzw. in Antalya lebend.
Am 3. Tag wurde eine 2tägige Busfahrt nach Pammukale, den Kalksinterterrassen im
Landesinnern, gestartet. Die Hinfahrt ging über 340 km und führte uns über die Rosenstadt Isparta nach Denizil. Nördlich von Denizilli liegen die Sinterterrassen von
Pammukale sowie der antike Friedhof Hierapolis. Hier waren wir schon 2mal gewesen.
Diesmal waren wir allerdings angenehm überrascht, dass die Kalksinterterrassen in
Pammukale immer weißer geworden sind. Hierzu ist zu bemerken, dass in den letzten 20 Jahren einige Hotels in dem Umfeld der Kalkterrassen entstanden waren, die das
heiße Wasser der Kalkquellen abfingen, um es ins eigene Thermalbad zu leiten. Dadurch hatten die Sinterterrassen zu wenig Wasser und somit auch zu wenig Kalk.
Die Sinterterrassen sind UNESCO-Kulturerbe geworden – damit ging die Türkei auch die Verpflichtung ein, die Terrassen wieder in der Ursprünglichkeit zu zeigen, die
Hotels wurden abgerissen. Es ist derzeit dort nur noch ein Hotel vorhanden, das dem Staat gehört, aber auch bald abgerissen werden soll.
Das Wetter dort oben war diesmal so ungemütlich, dass es keinen Spaß machte, auf
den Sinterterrassen barfuss herum zu laufen. Wir beschränkten uns deshalb darauf, das antike Museum mit vielen sehenswerten Sarkophagen anzuschauen.
Abends übernachteten wir in einem 4-Sterne-Hotel, dem ein Thermalbad
angeschlossen war. Es machte Geschi, mir und den anderen Reiseteilnehmern riesigen Spaß, in dem heißen Wasser zu baden. Danach war man sogar etwas
„angeschlagen“, weil das Warmwasserbaden doch anstrengte. War aber schön.
Am nächsten Morgen machten wir noch einen Rundgang durch das antike Hierapolis.
Bekannt durch viele Grabanlagen, wo sich einst reiche Menschen vor 2.000 Jahren haben begraben lassen. Hierapolis wird weiter erforscht, ist aber auch für die
Öffentlichkeit zugänglich, es ist schon interessant, durch die vielen Grabanlagen und Särge zu laufen. Obwohl wir das schon kannten, war es für uns noch mal wieder schön.
Auf der Rückfahrt von Pammukale ging es wieder in eine Teppichknüpferei – aber
auch das kannten wir schon. Der Supersparpreis von Bertelsmann wird auch dadurch finanziert, das halt Teppichknüpfereien oder andere Fabriken angefahren werden.
Es hat aber mal wieder Spaß gemacht, das Knüpfen von Teppichen, das ist eine
wahnsinnige Arbeit, sich anzuschauen. Als Begrüßungstrunk gab es Tee mit einem Raki. Mittag gegessen wurde in einem zu der Anlage gehörenden Restaurant, aber
auch das war eine ordentliche Sache.
Die Rückfahrt ging dann über einen 1.400 m hohen Pass im Taurusgebirge. Es war
wunderschönes Wetter mit blauem Himmel. Oben gab es jede Menge Schnee. Die Schneelandschaft mit dem blauen Himmel ließ sich hervorragend fotografieren.
Rückkehr im Hotel Antalya um etwa 18.00 Uhr.
Am nächsten Tag gab es dann eine Fahrt nach Antalya. Obwohl wir auch diese Stadt
schon kannten, war es wieder etwas Neues. Diesmal ging’s mit einem Boot raus auf das Mittelmeer (auf türkisch Weißes Meer) mit einem Blick auf Antalya. Es war
empfindlich kalt und zugig – aber das Wetter selbst war schön. Wir hatten dann noch die Möglichkeit, auf eigene Faust durch Antalya zu laufen. Geschi und ich nutzten diese
Zeit, um für die Kinder und Enkelkinder Pullover und dgl. einzukaufen – meistens sind das irgendwelche Imitate bekannter Weltmarken.
Reiseleiter
Unser Reiseleiter, er war um die 30 Jahre alt und in Deutschland geboren, wohnte
ursprünglich mit seinen Eltern in Ankara. Seine Eltern selbst, so erzählte er uns, haben im Norden der Türkei gewohnt (Armenien?). Er wohnte jetzt bei seiner Freundin in
Antalya. Fuhr privat einen Mercedes E-Typ aus den 90er Jahren. War stolz darauf, nach seiner Rückkehr aus Deutschland wieder Türke zu sein. Er denkt jetzt auch „türkisch“.
Wir hörten von ihm während der vielen langen Busfahrten doch einiges über die Sitten
und Gewohnheiten in der Türkei. Bemerkenswert immer wieder der Hinweis auf die „Stadttürken“ und „Bergtürken“. Die Stadttürken, die in den großen Städten Istanbul,
Izmir, Antalya, … wohnen, haben sich dem Westen zugewandt und führen ein modernes Leben.
Die in der Zentraltürkei (Anatolien) lebenden Türken haben in den Dörfern ihre alten
Sitten und Gewohnheiten. Dazu gehört natürlich auch das Tragen eines Kopftuches.
Dazu gehören auch bestimmte Regularien, wenn geheiratet wird. Beispielsweise dauert die Hochzeit
3 Tage. Mehr oder weniger suchen die Eltern aus, wen der Junge/das Mädchen heiratet. Wichtig ist dabei auch, das ordentlich Gold für die Hochzeit geschenkt wird.
Bei der Suche nach einem Mädchen legt die Mutter (Schwiegermutter) viel Wert darauf, dass sie eine arbeitsfähige Schwiegertochter bekommt (sie muss
ordentlich kräftig sein). Der Mann muss eine solide wirtschaftliche Grundlage haben. Meistens kann das junge Paar schon bei der Hochzeit eine eigene Wohnung/ein eigenes Haus beziehen.
Unser Reiseführer wies natürlich auch auf den Konflikt hin, den die „Bergtürken“, die in
Deutschland wohnen, haben. Er selbst meinte scherzhaft, dass er die Voraussetzungen, um konservativ zu heiraten, nicht hätte.
Das er mit seiner Freundin in Antalya zusammen wohnt, sei mit seinem Vater
abgesprochen und er hätte auch die Genehmigung des Imam. Allerdings war hier ein Widerspruch, den ich nicht erklären konnte. Ein anderes Mal erzählte er uns, dass man
mit dem Imam erst dann heiraten kann, wenn man vorher standesamtlich geheiratet hat (wie bei uns).
Pkw-Fahrt
Für die restlichen beiden Tage, wo der Veranstalter in die Reise kein Programm
einbezogen hatte, mieteten wir uns einen Pkw. Für 40 € pro Tag gab es einen Fiat Punto, neuestes Baujahr.
Ich wollte einige Sache im Zusammenhang mit Gefahrguttransporten fotografieren und
fuhr deshalb verschiedene Tankstellen sowie die Passstraßen im Taurusgebirge sowie verschiedene Hafenanlagen an.
Am 1. Tag waren wir u.a. auch in Side, das ist eine Halbinsel mit einer uralten Stadt
und einem uralten Amphitheater etwa 30 km östlich von unseren Hotel, ca. 35 km vor Alanya. Side war einst Handelsplatz für Sklaven. Zu sehen waren die Überreste eines
Apollotempels. Die 5 Säulen zieren viele Bücher über die Türkei, besonders gerne werden sie bei untergehender Sonne fotografiert. Wir hatten das Pech, das an
unserem Besichtigungstag es nur regnete. Gleichwohl war der Rundgang durch Side schön. Wir erinnern uns gerne an einen Cappuccino, der uns mit einem türkischen
Weinbrand sowie einer Rose in einer Vase serviert wurde.
Vorher waren wir noch in den Bergen an einer Talsperre des Manavgat-Flusses
gewesen. Die Talsperre dient der Strom- und Wassererzeugung. Sie wurde von der deutschen Firma Bilfinger gebaut. Nach langer Fahrt über unbefestigte Straßen, links
immer wieder das wunderschöne Blau des Stauseewassers zu erkennen, erreichten wir ein Restaurant. Es gab Forelle, gebacken in einer Keramikschale. Dazu wurde uns
Brot sowie Salat von einer Salatbar serviert. Schmeckte in dieser Atmosphäre, es war kalt und der Kamin brannte, hervorragend.
Aber eigentlich hatten wir in den Ort Akseki fahren wollen, die Straße nach dort war
aber durch den Stausee gesperrt, aber noch in den Kartenunterlagen aufgeführt.
Dafür ging es am nächsten Tag auf einer anderen Route nach Akseki. Die Stadt ist
dadurch bekannt, dass sie in den Jahrhunderten der Vergangenheit es immer wieder verstanden hat, sich gegen Angreifer zu verteidigen. Die Analphabetenrate liegt nahe
bei 100 %. Die Straße in Richtung Akseki war breit und stark befahren von Lkw, die in Richtung Konya/Ankara fuhren. Ab etwa 1.000 m ging der Regen in Schnee über. Kurz
vor Akseki wurden wir von der Polizei gestoppt, Weiterfahrt nur mit Schneeketten. Man erlaubte uns allerdings, in dem 4 km weiter vor uns liegenden Ort Akseki zu fahren.
Dort fanden wir kein Cafe. Allerdings machten wir ein paar schöne Aufnahmen von den eigenwilligen Häusern. Rückfahrt zu einem Rasthaus, wo wir türkischen Kaffee/Tee
tranken. Auch hier wärmte ein Bollerofen das Restaurant – draußen war es lausig kalt. Überall Pkw, die Schneeketten auflegten.
Die Fahrt ging weiter in die Touristenstadt Alanya. Oben auf dem 250 m hohen Berg
eine Festungsanlage. Wir tranken einen Cappuccino in einem sehr modernen türkischen Cafe. Hatten allerdings wenig Zeit, um uns die Altstadt anzuschauen. Alanya
liegt in einer Bucht, überragt von der Festungsanlage. Man könnte es hier im Sommer bei besseren Temperaturen sicher gut aushalten.
Resümée
Eine Woche Türkei für 250,00 € - es hat sich gelohnt. Alle Vorurteile, dass man unter
Umständen Gefahr laufen könnte, von der Bevölkerung aufgrund der vielen Vorkommnisse angepöbelt zu werden, trafen nicht zu. Auch die Reisegesellschaft, mit
der wir unterwegs waren, war nett, so dass es eine gute Harmonie gab. Hinzu kam, dass auch unser junger Reiseleiter uns viel über Land und Leute erzählt hat. Es war einfach fantastisch!
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